Jens Fördermann von der Physiotherapie-Praxis Fördermann sucht Mitarbeiter, die schwer zu finden sind. Damit sich in dem abgegrasten Markt auf seine Stellenanzeigen wenigstens ein paar Leute melden, formuliert er sie möglichst offen: Keine speziellen Qualifikationen, Vollzeit, Teilzeit, geringfügig beschäftigt, vieles ist nach Absprache möglich. Und er schaltet sie überregional, auch wenn ihm jemand aus der Nähe lieber ist. Zur Mitarbeitersuche nutzt er selbstverständlich gerne auch Netzwerke. Meistens klappt es aber über die klassische Bewerbung. Selbst hat sich der 42-jährige allerdings noch nie beworben. Und das, obwohl er auch schon woanders als in dem seit 40 Jahren bestehenden Familienbetrieb gearbeitet hat.
Zeitsprung: Wir befinden uns über 15 Jahre in der Vergangenheit. Jens Fördermann hat gerade sein Examen gemacht. Es ist 8 Uhr Morgens. Er liegt noch im Bett, als sein Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung ist die Chefin einer Physiotherapie-Praxis in Bielefeld. Sie fragt ihn, ob er bei ihr anfangen kann. Sofort! „Ich konnte gerade noch duschen und frühstücken und hatte um 12 Uhr den ersten Patienten“, erinnert sich Fördermann. Auch der Rest seines ersten „halben“ Arbeitstages war bereits komplett ausgebucht.
Fördermann übergab die Stelle an einen Freund
In diese Situation gebracht hatte ihn eine Mitschülerin, die auch gerade ihre Ausbildung beendet und in besagter Praxis angefangen hatte. Die Chefin fragte sie, ob sie noch jemanden kennt, der Arbeit braucht und bekam als Antwort: „Jens hat sich bis jetzt noch nicht gekümmert.“ Als Jens Fördermann später in den Familienbetrieb in Eilshausen wechselte, übergab er die Stelle an einen Freund, der heute noch dort arbeitet. „Was die Jobsuche angeht, habe ich es sehr, sehr leicht gehabt“, findet der Physiotherapeut.
Mitarbeiter finden gestaltet sich ungleich schwerer und bringt teilweise ganz moderne Herausforderungen mit sich. So sind beispielsweise die meisten seiner Angestellten Männer. Und das nicht etwa, weil Jens Fördermann die grundsätzlich lieber einstellt, sondern weil die Absender der ohnehin schon wenigen Bewerbungen meistens Männer sind. Auf der Seite der Patienten gibt es viele Frauen. Und einige Frauen möchten, dass bestimme Behandlungen von einer Frau durchgeführt werden. Ein Wunsch, der von allen Beteiligten sehr gut verstanden und auch respektiert wird, in der Praxis aber unter Umständen schwer umzusetzen ist. Damit das in Zukunft schneller und besser geht, hätte Jens Fördermann gerne noch eine Frau in seinem Team: „Um niemanden zu diskriminieren, muss ich aber immer für beide Geschlechter ausschreiben.“
Während sich vor einem Jahrzehnt noch etwa vierzig Leute bei ihm bewarben, führte er im vergangenen Jahr weniger als zehn Vorstellungsgespräche. Vor sechs Wochen schrieb er eine Stelle als Physiotherapeut aus. Es bewarben sich zwei Leute. Beide wurden eingestellt. Es gab auch schon Flüchtlinge, die Interesse und durchaus auch gute Chancen hatten. In diesem sensiblen gesundheitlichen Bereich scheiterte die Zusammenarbeit aber leider an den Deutschkenntnissen.
Grundsätzlich investiert Fördermann in die Weiterentwicklung seiner Mitarbeiter. Im ersten Schritt schreibt möglichst offen aus. Es sollen sich schließlich auch die Interessenten melden, denen bei konkreteren Wünschen vielleicht die ein oder andere Zusatzqualifikation fehlen würde: „Dann bauen wir die Mitarbeiter mit Weiterbildung auf. Und ich freue mich, wenn sie lange bleiben. Gerade in unserem Job baut sich ja auch eine Beziehung zum Patienten auf.
Feste Größe: 2 Minuten pro Bewerbung
Kommen nur zwei Bewerbungen rein, dann kann Fördermann sich zum Lesen etwas mehr Zeit nehmen: „Fünf Minuten sind das auf jeden Fall.“ Bei Stellen mit etwas größerer Resonanz, wird in kürzerer Zeit entschieden, ob der Absender zum Gespräch eingeladen wird oder nicht. Eine genaue Zahl nannte Jens bei unserem Termin nicht. Aus allen vorherigen Interviews habe ich aber ganz klar den Eindruck, dass zwei Minuten für diesen Schritt des Bewerbungsprozesses eine feste Größe sind.
Beim Durchgucken der Unterlagen fängt Jens Fördermann mit dem Anschreiben an. Warum? Es kommt als Erstes in der Mappe oder PDF-Datei. „In der Regel sagt es aber nichts aus“, bedauert der 42-jährige. Der Inhalt ist irgendwie immer gleich: Bezug nehmend auf die Annonce in der … am … bewirbt sich ein motivierter, flexibler, offener und freundlicher Mitarbeiter. Infos zum Bewerber gibt es nicht: „Manchmal frage ich mich, ob es im Internet eine Seite gibt, auf der man das abpinnen kann.“ Die Unterlagen persönlich vorbeibringen, erhöht die Chancen bei Fördermann nicht. In der Regel befindet sich Jens in der Behandlung, wenn der Bewerber da ist, und die beiden bekommen sich nicht zu Gesicht.
Wenn Physiotherapeuten eingestellt werden, dann ist Jens Fördermann bei den Vorstellungsgesprächen immer mit dabei. Darüber hinaus werden für den Familienbetrieb gelegentlich auch Wellnesstherapeuten, Kosmetiker, Köche, Raumpfleger oder Rezeptionskräfte gesucht: „Bei den Gesprächen komme ich dazu, wenn es gerade passt.“ Sehr gerne nimmt er übrigens auch Bewerber, die älter als 50 sind. Mehr dazu gibt’s im Podcast zu hören. Am besten drücken Sie jetzt gleich sofort auf Play! Und nicht vergessen: Jens und ich freuen uns über Bewertungen bei iTunes. 🙂
Falls Sie auf der Suche nach einem neuen Job sind (oder mal waren) und Fragen haben, die Sie gerne einem Personalchef oder Geschäftsführer stellen möchten, dann schreiben Sie sie einfach in das Kommentarfeld unter diesem Artikel. Ich nehme die Frage/n dann zum nächsten Interviewpartner mit.
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