Etwa 400 Bewerbungen landen jedes Jahr im April auf dem Schreibtisch von Michaela Kalney vom Verein „Zukunft Ausbildung Mühlenkreis – ZAM e.V.“ Damit beginnt für die 49-jährige die heiße Zeit, die ungefähr bis Juni dauert. Zusammen mit ihrem Team und diversen Vertretern von Unternehmen, die an der vom Verein angebotenen Verbundausbildung beteiligt sind, stellt sie bis zu den Sommerferien 25 bis 30 Jugendliche in unterschiedlichen Ausbildungsberufen ein.
30 aus 400 … das klingt erstmal nicht nach einer guten Chance für den einzelnen Bewerber. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die einzelne Bewerbungsmappe im Vergleich zu den Jahren von 2003 bis 2005 mit doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit zum Ausbildungsplatz führt. „Früher erhielten wir etwa 800 Bewerbungen. Vor allen bei den gewerblich technischen Berufen werden es seit etwa drei Jahren weniger“, erinnert sich die stellvertretende Geschäftsführerin des Vereins. Ist die Mappe erstmal angekommen (besonders gut kommt es übrigens an, wenn der Bewerber sie persönlich vorbeibringt!), dann nimmt sie immer den gleichen Weg.
30 aus 400: Eine gute Chance
Erstmal kommt sie in die so genannte Vorauswahl. Dabei wird eine grobe Sichtung durchgeführt und es werden unter anderem folgende Punkte überprüft: Bewirbt sich der Absender auf ein Berufsbild, das von ZAM e.V. angeboten wird? Sind alle Unterlagen vorhanden? Sind alle Zeugnisse vorhanden? Gibt es darin Fehlzeiten? Sind die entschuldigt? Passen Adresse und Ansprechpartner im Anschreiben? Sind viele Rechtschreibfehler drin? Passt das Schreiben zu dem, was ZAM e.V. ist? Ab und zu gibt es ein paar unklare Fälle, die nicht einfach nach der „Vorauswahl-Checkliste“ abgehakt werden können. Hat Michaela Kalney so einen unklaren Fall in der Hand, dann entscheidet sie in zwei bis drei Minuten: Zurückschicken oder beim Absender nachfragen und offene Punkte klären. Bei manchen Bewerbungen fällt auf, dass es in Wirklichkeit Mama und Papa waren, die sie geschrieben haben: „Das erkenne ich recht schnell an den Formulierungen.“ Was mich als Coach überrascht hat war, dass heutzutage fehlende Fotos nicht mehr angefordert werden dürfen. Da meine Art der Jobsuche ja gänzlich auf die schriftliche Bewerbung mit Lebenslauf verzichtet, wusste ich gar nicht, dass seit der Einführung des Allgemeinen Geleichbehandlungsgesetzes (AGG) die Pflicht ein Bewerbungsfoto beizulegen nicht mehr besteht.
Durch die Vorauswahl kommen ungefähr 200 der eingereichten Bewerbungsmappen. Deren Absender werden nun im nächsten Schritt zum Einstellungstest eingeladen. Sind die Tests abgeschlossen, dann wird es zum ersten Mal richtig voll in den Räumlichkeiten des Vereins an der Portastraße 9 in Minden. An einem Tag trudeln die Vertreter der an der Verbundausbildung beteiligten Unternehmen zur gemeinsamen „Mappenschau“ ein. Jetzt wird entschieden, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird und wer nicht.
100 Vorstellungsgespräche in der Gruppe
In den dann stattfindenden 100 Vorstellungsgesprächen sitzen sich zwei Gruppen gegenüber. Auf der Arbeitgeberseite sind außer Michaela Kalney noch die Personalverantwortlichen oder die Ausbilder oder auch mal beide der Firmen dabei, in denen die Ausbildung hinterher stattfindet. Je nach Ausbildungsplatz und Unternehmen kommen so zwei bis sechs Leute zusammen. Die wiederum sprechen mit drei bis fünf Jugendlichen, die gerne einen Vertrag unterschreiben würden. „Manchmal kann es auch zu Einzelgesprächen kommen. Das richtet sich nach den Firmen“, sagt Kalney. Bei Ausbildungsberufen, für die es beispielsweise nur drei Bewerbungen gibt, werden keine Vorstellungsgespräche geführt: „Wenn nur so wenige Interessenten da sind, dann machen alle ein Praktikum in den ausbildenden Unternehmen.“ Anschließend wird entschieden. Wer mit der Bewerbungsmappe und seinem Schulzeugnis nicht wirklich überzeugen kann, der hat in den wenig nachgefragten Ausbildungsberufen am ehesten ein Chance, zum Zuge zu kommen.
Bis zur „heißen Zeit“ sind es für Michaela Kalney, ihr Team und die beteiligten Unternehmen nur noch wenige Wochen. Im März entscheidet sich, welche Ausbildungsberufe in diesem Jahr angeboten werden. Dann bleibt gerade noch genug Zeit, um passend zur „gofuture Messe“ – die vom 10. bis 12. März in der Kampa-Halle in Minden stattfindet – die neuen Flyer herauszubringen. Dort wird der Verein ZAM, genau wie einige der beteiligten Unternemen, mit einem eigenen Stand vertreten sein. Das ist die ideale Gelegenheit, um als Bewerber schon mal persönliche Kontakte zu knüpfen und unverbindlich Informationen zu sammeln, die später im Vorstellungsgespräch den entscheidenden Ausschlag geben könnten.
Damit Sie schon mal einen Überblick bekommen, um welche Ausbildungsberufe es wahrscheinlich gehen wird, gibt es zum Schluss eine Liste der Berufe aus dem vergangenen Jahr:
- Elektroniker/in (Betriebstechnik / Geräte und Systeme)
- Informatikkauffrau/mann
- Kaufmann für Tourismus und Freizeit
- Mechatroniker/in
- Medizinische/r Fachangestellte/r
- Fachkraft für Abwassertechnik
- Industriemechaniker/in
- Kauffrau/mann für Büromanagement
- KFZ-Mechatroniker/in (Nutzfahrzeugtechnik)
- Maschinen- und Anlagenführer/in
- Zerspanungsmechaniker/in
- Werkzeugmechaniker/in
So, jetzt aber nichts wie reingehört in das Interview mit Michaela Kalney! Und nicht vergessen: Wir freuen uns über Bewertungen bei iTunes! 😉
Falls Sie auf der Suche nach einem neuen Job sind (oder mal waren) und Fragen haben, die Sie gerne einem Personalchef oder Geschäftsführer stellen möchten, dann schreiben Sie sie einfach in das Kommentarfeld unter diesem Artikel. Ich nehme die Frage/n dann zum nächsten Interviewpartner mit.
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