David Polte hat sein Leben mit L/WP verändert und beantwortet die Fragen in diesem Interview.

Das mit Life/Work Planing (L/WP) enorme Erfolge möglich sind, zeigt das Beispiel von David Polte. Der 32-jährige hat L/WP genutzt, um eine erstaunliche Wendung in seinem Leben zu vollführen. Über seinen neuen Weg haben wir auch schon im Jobsucher-Podcast gesprochen. Zusammengekommen sind David und ich über ein im Jahr 2017 veröffentlichtes Interview, das ich auf der Webseite der Bloggerin Bianka Groenewolt gelesen habe. Leider ist das Blog jetzt offline gegangen. Weil wir die Inhalte aber so wichtig und zeitlos finden, haben sich alle Beteiligten dazu entschlossen, besagtes Interview jetzt bei Endlich Montag! zu veröffentlichen. In der Hoffnung, dass es hier die nächsten 100 Jahre übersteht! 😉 Ich danke David und auch meiner Blogger-Kollegin Bianka Groenewolt dafür, dass wir das Interview auf meine Webseite retten können und wünsche Dir jetzt viel Spaß und Inspiration beim Lesen.

Eine letzte Info noch vorab: Bianka Groenewolt und David haben sich auf dem intrinsify.me Wevent in Berlin kennengelernt, wo Bianka in Davids Session „Ohne Lebenslauf und Anschreiben zum Traumjob“ saß. Da die Bloggerin Standard-Bewerbungsverfahren schon immer furchtbar fand – und zwar für die Bewerber genauso wie die Arbeitgeber, die ja dadurch auch nur Standard-Mitarbeiter bekommen – bat sie David um dieses Interview. Und mit Biankas Interview geht’s jetzt endlich los! 🙂

Bianka Groenewolt hat David die Fragen gestellt.

Beschreib doch mal kurz, aus welcher Situation kommend, Du Dich auf Deinen Weg begeben hast?

Gerne. Nach einem Studium der Kunstwissenschaft und Medientheorie wollte ich in der Wirtschaft arbeiten und dachte, Projektmanagement oder Marketing könnte was für mich sein. Eine konkrete Vorstellung davon hatte ich aber nicht. Haben wollte mich entsprechend niemand. Das war ein ziemlicher Schock.

Ich war von mir zwar sehr überzeugt, doch konnte man mein Potential meinem Lebenslauf offenbar nicht ansehen. Es gab sogar viele Menschen, die mir helfen wollten, einen ersten Job zu finden. Und die fragten mich alle: Was genau willst du denn? Aber das konnte ich leider nicht genau genug beantworten. Schließlich habe ich als Verkaufsberater in einem Fahrradgeschäft angefangen. Fährräder sind nämlich mein Hobby (lächelt). Doch ich wusste jetzt, dass ich auf die Frage, was ich will, eine Antwort finden musste. Und damit begann meine Suche nach mir selbst.

Wußtest du denn, ob du generell eine Anstellung oder freiberufliche Tätigkeit wolltest?

Nein. Eigentlich wusste ich die meiste Zeit eher was ich nicht weiß oder will, anstatt ein klares Ziel zu haben. Das hat sich erst geändert, nachdem ich im Januar 2017 gekündigt habe. Dadurch war ich nämlich weniger abgelenkt und konnte dieser Frage mit zunehmend ruhigem Geist folgen.

Was hast du denn da genau getan, um das herauszufinden?

Oh, auf diese Frage könnte ich jetzt lange und viel antworten. Zunächst gab es ja eine Motivation für den Schritt in die Ungewissheit, also zu kündigen ohne etwas Neues zu haben.

Ich möchte einfach, dass meine Tochter im Leben tut, was ihr Herz ihr sagt. Und meine Pflicht ist es, ihr das vorzuleben. Und deshalb muss ich beenden, was ich tue. Denn in der Stelle, die ich vorher hatte, war ich sehr unglücklich.

Mir selbst und meinen Idealen treu zu bleiben, hat mir sehr viel Kraft gegeben.

Als ich schließlich arbeitslos war, habe ich mich auf das besonnen, was ich in den Jahren zuvor über mich selbst gelernt hatte. Nach dem Schock beim Berufseinstieg habe ich von da an sowohl Zeit als auch Geld für Coachings und Selbstbeobachtung verwendet, um herauszufinden, was ich gerne mache und wann Dinge gut klappen. Und daher wusste ich, wenn ich jetzt nach einem neuen Job suche, dann nicht zu Hause am Rechner, sondern im Gespräch mit anderen Menschen. Ich wusste, dass ich hospitieren und telefonieren wollte, auf Veranstaltungen gehen, über Xing interessante Leute kontaktieren, aber eben nicht am Rechner sitzen und PDFs verschicken.

Warum? Das wär doch das übliche Vorgehen?

Ja schon, aber wenn ich am Rechner sitze und ein Online-Formular ausfülle, kann ich förmlich spüren, wie die Energie und Lebenslust aus mir heraus fließt.

Wenn ich mich mit spannenden Leuten unterhalte, die den Beruf oder die Tätigkeit ausführen, die ich anstrebe oder kennenlernen möchte, bin ich 100% wach und im Hier und Jetzt. Ich denke, wenn man sich da beobachten kann und dann bewusst die Dinge verstärkt, die einen aufladen und die Dinge umgeht, die einen aussaugen, hat man schon einen mächtigen Life Hack in Gebrauch genommen.

Du sagst, Du hast keine Online Formulare ausgefüllt?

Es war so: Ich war schon 3 Monate ohne Job und saß dann mal vor so einem unsäglichen Bewerberportal.  Es ging mir dann so schlecht damit, dass ich entschieden habe: Nein, so will und kann ich mich nicht bewerben. Das bringt alles nichts und ist dementsprechend sinnlos. Nach dieser Entscheidung ging es mir besser. Entscheidungen mögen manchmal schwer sein. Doch sie nicht zu treffen und mit der Unklarheit zu leben, ist viel, viel schlimmer.

Danach habe ich Online Formulare nur dann ausgefüllt, wenn ich schon ziemlich sicher sein konnte, dass ich eingeladen werde. Wenn es also nur noch darum ging, trotz mündlicher Einigung den Prozess zu bedienen.

Und stattdessen hast Du telefoniert? Kannst Du das genauer erläutern, wie Du vorgegangen bist?

Ja, ich habe einfach gespürt, dass dieser standardisierte Weg nicht zu mir passt. Ich musste meinen eigenen finden. Dann habe ich mich eben auf folgende Gedanken besonnen, die ich  aus dem sogenannten Life/Work Planing wirklich verinnerlicht habe:

Wenn ich in etwa weiß, wo ich hinwill, dann muss ich mit Leuten sprechen, die da schon sind.

Auf diesem Wege lerne ich schon sehr viel über das Feld, baue also wirkliches Fachwissen auf. Zusätzlich baue ich mir ein Netzwerk in dem Bereich auf, wo ich hin will.

Wie sah das konkret aus?

Die grobe Richtung, in die ich wollte, war Scrum Master. Das ist eine Art Coach für Software-Entwickler Teams. Ja, und dann habe ich in etwa acht Telefonate pro Woche geführt. In diesen Telefonaten habe ich die Gesprächspartner zum Beispiel gefragt, was macht denn einen Scrum Master zu einem guten Scrum Master? Diese Frage fanden alle witzig und herausfordernd, denn so einfach ist das gar nicht zu beantworten. Dann habe ich noch gefragt, wie man denn am besten zu so einer Stelle kommt. Und ich habe danach gefragt, wie Sie zu der Stelle gekommen sind, wo sie heute stehen. Auch sehr gut hat die Frage funktioniert, wohin sich ihrer Meinung nach das Thema Agilität entwickeln wird. Und zum Schluss habe ich immer gefragt, wen ich Ihrer Meinung nach anrufen sollte, um auf meinem Weg weiter zu kommen.

Es ist wirklich ein tolles Vorgehen. Ich habe so viele tolle Leute kennengelernt und so wahnsinnig viel Insider-KnowHow über die agile Branche bekommen.

Ich habe auch häufig gar nicht direkt gefragt, wo es Jobs gibt, stattdessen habe ich erläutert, warum ich Scrum Master werden will. So konnten die Leute mit mir connecten. Es gibt einfach nichts Schöneres, als wenn man von jemandem weiß, warum er tut, was er tut.

Klingt ganz schön aufregend? Hast Du auch abweisende Reaktionen bekommen?

Nein. Und wenn, dann habe ich sie schon vergessen. 🙂 Häufig habe ich Leute über Xing kontaktiert und geschrieben, mit einem Telefonat von lediglich 15 Minuten würden Sie mir sehr weiterhelfen. Und jetzt frage ich dich: Könntest du nein sagen, wenn jemand nichts anderes haben will, außer 15 Minuten Unterstützung, in denen er dich nach deiner Meinung und deinen Erfahrungen fragt? Ja, fast alle haben sich Zeit genommen. Auch hohe Führungskräfte und Geschäftsführer.

Gab es noch andere Aktivitäten, die Du regelmäßig gemacht hast, um Dein Ziel zu erreichen?

Ja. So viele sogar, dass es hier den Rahmen sprengen würde. Die wichtigsten waren vermutlich, dass ich angefangen habe, ein Journal zu schreiben. Mein Coach, Freund und Mentor Holger Hagen hat mir den Podcast von Matthew Mockridge empfohlen und dort bin ich auf Matthews Journal gestoßen und habe es dann sofort einfach 1:1 so wie er gemacht. Der Effekt war unfassbar. Ich würde gerne kurz erklären, warum: Das Journal enthält konkrete Fragen, die man jeden Tag beantwortet und die einen glücklich und zuversichtlich machen, weil man sein Bewusstsein zum Tagesbeginn und Tagesende auf das Gute lenkt. Deine Leser können das auch direkt auf dem Blog von Matthew nachlesen. Wahnsinnig mächtiger Hack.

Außerdem habe ich, ebenfalls angeregt durch den Podcast, mit der Headspace App zu meditieren begonnen. Meditation ist für mich der beste Booster für die Lebensqualität, den ich kenne.

Und dann habe ich noch etwas sehr merkwürdiges gemacht: Ich habe mir eine Tabelle angelegt, in der ich nach jedem Gespräch – nicht nur im Rahmen der Bewerbung – eingetragen habe, wie es mir geht. Es gab fünf Farben. Rot war: Total Down. Grün war: total energetisiert. Nun habe ich einfach die Leute, die mich Energie gekostet haben, in Zukunft eher weniger kontaktiert und stattdessen den Kontakt zu den Leuten verstärkt, die mich mit ihrer guten Laune und ihrem Blick für Lösungen immer wieder mit Zuversicht aufgefüllt haben. Der Effekt war sagenhaft.

Hast Du Deinen jetzigen Arbeitgeber dann auch über einen telefonischen Kontakt kennengelernt?

Ja.

Und wollten Sie dann keine Bewerbungsunterlagen von Dir haben?

Beim Verhandeln des Gehaltes wurde ich gefragt, ob ich überhaupt studiert habe. Das erst gefragt zu werden, nachdem wir schon wussten, dass wir zusammenpassen, war eine total tolle Erfahrung.

Wie hat das dann funktioniert? Haben Sie ein bestimmtes Vorgehen, um Mitarbeiter auch ohne diese Unterlagen einzustellen?

Ja. Bei VORSPRUNGatwork machen wir mit Leuten, die gut zu uns zu passen scheinen, ein dreitätiges Kennenlern-Format, an dem etwa 12 Teilnehmer teilnehmen. Das Format ist so gestaltet, dass sich früher oder später jeder so zeigt, wie er wirklich aus tiefstem Herzen ist und dann können wir auch gut entscheiden, ob und wie wir mit dem- oder derjenigen zusammenarbeiten wollen.

Aha. Aber ist das nicht die absolute Ausnahme, was du da beschreibst?

Die Ausnahme schon, aber nicht die absolute. Genau genommen gibt es viel mehr Arbeitgeber als wir denken, die sich sehr dafür interessieren, warum jemand tun will, was er tun will. Also was dich antreibt.

Je klarer man in der Lage ist, zu formulieren, was (Tätigkeiten) man tun will, warum (Motivation, Purpose, Ziele) man es tun will und wie (Talente, Fähigkeiten, Erfahrungen) man es tun will, desto leichter wird es für andere zu erkennen, ob sie das brauchen.

In einem Vorstellungsgespräch wurde ich mal sehr direkt darauf hingewiesen, dass ich nicht schauspielern soll, sondern meine Gesprächspartner wirklich hauptsächlich wissen wollten, wer ich eigentlich wirklich bin. Eben nicht Skills und Erfahrungen. Sondern Persönlichkeit, Ecken und Kanten, Überzeugungen, Lebensweise. Da ich das damals noch nicht wusste, die Firma aber toll fand, hat das mein ganzes Mindset ein für allemal verändert und ich habe noch mehr Fokus darauf gelegt, komplett ehrlich zu mir zu sein und mir einzugestehen, was ich mir vom Leben wünsche.

Super. Gab es denn noch mehr solche Erfahrungen, die Dein Mindset verändert haben?

Unzählige. Wirklich. Ich könnte ein Buch drüber schreiben. Zwei der Wichtigsten waren wohl mein Aufenthalt in einem Vipassana Meditationszentrum. 10 Tage schweigen. Kein Handy, keine Bücher, nichts zu schreiben, kein Blickkontakt zu anderen. Stattdessen den Blick nach innen wenden und stundenlang, wirklich über acht Stunden am Tag meditieren. Das hat mich verändert (schweigt und guckt aus dem Fenster).

Ein weiterer Mindshift waren die Video-Kurse von Alex Fischer und sein Buch “Reicher als die Geißens”. In dem Buch geht es gar nicht so sehr um Immobilien, wie mancher denkt, und trotzt des reißerischen Titels hat es eine extreme Qualität. Mir wurde dadurch klar, dass ich jeden gedanklichen Muskel in mir trainieren muss, der mir hilft, mich für meine Mitmenschen statt für mich selbst zu interessieren.

Wann sind Unternehmen erfolgreich? Wenn Sie sich anstatt für sich selbst für ihre Kunden, ihre Mitarbeiter, ihre Zulieferer, für die Gesellschaft und die Umwelt interessieren. Immer für andere.

Wie kann ich anderen Wert liefern? Wie lerne ich durch die Brille von jemand anderem zu schauen? Wie lerne ich verstehen, was andere brauchen? Wie kann ich anderen ein gutes Gefühl geben? Anderen Mut zusprechen? Anderen helfen ohne eine Gegenleistung zu erwarten? Was haben andere erlebt, dass sie heute so handeln, wie sie handeln? Diese Fragen bestimmen heute mein Leben. Sie taten es früher nicht. Man muss diese Muskeln trainieren. Aber wenn sie stärker werden, steigt auch das Lebensglück. Garantiert.

Richtig gut! Vielen Dank für das Gespräch! Wie können unsere Leser*innen mit Dir Kontakt aufnehmen?

Meld‘ Dich mit Deinen Geschichten und Erfahrungen gerne bei David.

Eigentlich über alle gängigen Kanäle. Ich freue mich sehr von den Geschichten und Erfahrungen Deiner Leser zu hören! Hier mal alle meine Kontaktdaten. Ich bin eigentlich überall zu finden.

Bianka Groenewolt hat zwar ihr altes Blog nicht mehr, aber dafür ein neues Projekt, auf das ich an dieser Stelle natürlich auch gerne verlinke:

Und: Ich freue mich natürlich auch darüber, von Deinen Geschichten und Erfahrungen zu hören! ? Deswegen darfst Du Dich auch gerne bei mir melden. ? Mit oder auch ohne Coaching-Anfrage. -> Kontakt zu Heiko