Der Geschäftsführer der filmzeit medien gmbh in Bielefeld und stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes OWL, Tobias Nehls, brachte mich bei unserem Interviewtermin erstmal so richtig schön aus dem Konzept. Da hatte ich lauter Fragen zu Bewerbungen, Lebensläufen und dem Bewerbungsprozess in seinem Unternehmen vorbereitet und dann macht er das mit dem Netzwerken in Reinkultur. Sein Unternehmen ist gewachsen, ohne das er jemals eine Stelle ausgeschrieben hat.
Tobias Nehls ist seit der Gründung des Unternehmens Anfang 2003 Mitgesellschafter von filmzeit medien und seit drei Jahren der Geschäftsführer. Obwohl nie Stellen öffentlich ausgeschrieben werden, landet im Schnitt pro Monat ungefähr eine Bewerbung auf dem Schreibtisch des 49-jährigen. Und die Eine ist ihm eigentlich schon zu viel. Absender von Initiativbewerbungen, die gar nicht zum Unternehmen passen, erhalten von ihm keine Antwort: „Personal für die Buchhaltung oder den Einkauf braucht ein Betrieb mit sieben Mitarbeitern einfach nicht.“ Auf Bewerbungen von Mediengestaltern meldet sich Tobias Nehls mit der Antwort: „Mach dir keine Hoffnung.“
Tobias Nehls rekrutiert in der Krabbelgruppe
Wenn er sucht, dann guckt er sich im Leben nach kreativen Menschen um, die seiner Firma gut tun könnten. Einmal wurde er bei einem anderen Unternehmen fündig, wo ein Mitarbeiter frei wurde, den er direkt ansprach. Ein anderes Mal saß er in der Krabbelgruppe seiner Kinder mit jemandem zusammen und merkte bei einem Austausch: Der arbeitet auf einer ähnlichen Ebene und würde gut in mein Unternehmen passen. Und natürlich bekommen Menschen Jobs, die Beziehungen haben. Nun ist es oft so, dass derjenige, der die Beziehungen hat, nicht unbedingt für sich selbst Arbeit sucht. Der eigentliche Kandidat reicht bei filmzeit medien dann eine Bewerbung ein, für die sich der Geschäftsführer circa zehn Minuten Zeit nimmt. Bei der Stelle, die anschließend vergeben wird, handelt es sich eigentlich immer um ein längerfristiges Praktikum. Das Papier spielt nur eine untergeordnete Rolle. Richtig kennen lernen sich beide Seiten dann bei der Arbeit. Insbesondere bei Schulabgängern findet Tobias Nehls, dass die einfach ein paar Monate brauchen, um sich darüber klar zu werden, ob der Beruf passt oder nicht.
Weiter kommen mit der Gretchenfrage
In eigener Sache schrieb der 49-jährige in seinem Leben drei Bewerbungen: „Bei zwei davon war von vornherein klar, dass ich die Stelle nicht bekomme. Eine war echt und ich wurde nicht genommen.“ Der Einstieg ins Berufsleben als Journalist gelang ihm ohne schriftliche Bewerbung, mit einer Schwäche im Fach Deutsch und einer Gretchenfrage im Vorstellungsgespräch. „Können Sie auch schreiben?“, wollte der Lokalchef bei der Zeitung von dem guten Fotografen wissen. Tobias Nehls saß ihm eigentlich gegenüber, weil er mit der Kamera sein Geld verdienen wollte und war auf diese Frage nicht vorbereitet. Aber ihm war klar: „Nein ist jetzt die falsche Antwort.“ Sein mit einem Augenzwinkern vorgetragenes „Ja“ führte zu einem Sprung ins kalte Wasser und schließlich zu einer Unternehmer-Karriere. Mehr dazu hörst Du im Interview.
Ich persönlich finde es sehr schön, an dieser Stelle zu sehen, dass Jobsucher sich von Schulnoten nicht wirklich beeinflussen lassen sollten. Die Erfahrung habe ich selbst auch gemacht. Und wenn ich mal Schüler coache, dann interessiere ich mich für eins überhaupt gar nicht, null, nada, niente, …: Schule, Noten, Zeugnisse. Super klasse finde ich auch die Frage, auf die Tobias im Vorstellungsgespräch nicht vorbereitet war. Im Grunde hat doch ausgerechnet die, einen positiven Einfluss auf seinen Berufsweg gehabt. Also: Nicht vorbereitet. Trotzdem sehr gut ausgegangen. Das macht Dich doch locker. 🙂 Noch nicht genug? Dann kommt hier noch ein Tipp!
Ehrlichkeit macht locker
Die Gretchenfrage beim Berufseinstieg brachte uns auf das Thema „Ehrlichkeit im Vorstellungsgespräch“. Tobias sagt Jobsuchern ganz offensiv, dass ihm Ehrlichkeit sehr wichtig ist. Begründung inklusive. Das führt zu einem erstaunlichen Effekt: Bei seinem Gegenüber setzt Erleichterung ein und das Bewerbungsgespräch wird lockerer. Warum das so ist, erfährst Du im Podcast. Den Du Dir jetzt wirklich anhören solltest. Damit Du dabei nicht aus dem Konzept kommst, gibt es hier noch einen kurzen Überblick über das, was Dich erwartet.
Darüber sprechen wir im Podcast-Interview:
- Mitarbeiter finden über Beziehungen und Netzwerke.
- (Quer-) Einstieg in die Medien- / Filmbranche.
- Benötigte Fähigkeiten sind schwer zu definieren.
- Medienbranche ist Teamplay.
- Kreatives Potential schlägt Erfahrung.
- Was man im Bezug auf Ehrlichkeit in der Schule nicht lernt.
- Bewerber zum Sprung ins kalte Wasser auffordern.
- Nicht gesucht: Der perfekte Bewerber.
- Warum Arbeitszeugnisse nichts aussagen.
_________________________________________________
Nicht vergessen: Bewertungen bei iTunes sind der Lohn eines Podcasters. Ich würde mir sehr freuen, wenn Du mir diesen Lohn gerne zahlst und Du eine kurze – und natürlich ehrliche! – Bewertung hinterlässt. Dafür schon mal danke!
Natürlich freue ich mich auch über Kommentare zu diesem und den anderen Beiträgen in meinem Blog.
Falls Du auf der Suche nach einem neuen Job bist (oder mal warst) und Fragen hast, die Du gerne einem Personalchef oder Geschäftsführer stellen möchtest, dann schreib mir einfach in das Kommentarfeld unter diesem Artikel. Ich nehme die Frage/n dann zum nächsten Interviewpartner mit.
Neueste Kommentare